Die Legalisierung ist da und ich habe das Gefühl, ich habe eine neue Passion entdeckt. Nicht etwa das Kiffen, das ist bei mir nichts Neues. Nein, ich glaube, ich werde noch einen Heidenspaß daran entwickeln, mich über die Unsinnigkeiten des CanG genannten Gesetzestextes zu echauffieren.

Versteht mich nicht falsch, ich begrüße das Gesetz. In erster Linie aber als einen Schritt in die richtige Richtung, als ein Fuß in der Tür, für eine Zukunft, in der Cannabis irgendwann endlich mit Vernunft und Sachverstand reguliert sein wird. Doch bis dahin ist es noch ein langer Weg, wie die kleinen und großen, die tragisch-komischen und die traurigen Widersprüche und Versäumnisse bei tiefergehender Betrachtung des Gesetzes sehr deutlich zu erkennen geben.

Der folgende Text ist das Zeugnis meines ersten persönlichen Aufeinandertreffens mit diesen Widersprüchlichkeiten.

Die konkrete Fragestellung entstand aus der Idee, in meinem Laden zukünftig vielleicht eine besondere Dienstleistung anbieten zu können. Ein Service, bei dem meine Kunden die Möglichkeit haben, ihre eigenen Cannabisblüten mit einer so genannten Rosin-Presse zu pressen. Dieses Gerät ermöglicht die rein mechanische und lösungsmittelfreie Gewinnung eines Produkts, das man in Deutschland, in anderem Zusammenhang und mit anderen Ausgangsstoffen, als Kolophonium kennt.

Mittels einer solchen Rosin-Presse trennt man mit etwas Hitze und möglichst viel Druck das Harz von den Blüten. Durch die Wärmezufuhr verflüssigt sich das Harz und durch den Druck wird es aus dem Pflanzenmaterial herausgepresst und separat aufgefangen.

Da meine Kunden nun also ab dem 01. April 2024 legal bis zu 50 Gramm getrocknete Blüten besitzen dürfen, ist es eigentlich nur naheliegend, diesen Service im Geschäft anzubieten. Denn letztlich ist der Konsum von Rosin weniger gesundheitsschädlich, da man das eigentlich überflüssige Pflanzenmaterial im Gegensatz zum Rauchen eines Joints nicht zu sich nimmt. Stattdessen inhaliert man nur die Essenz der Pflanze, inklusive der darin gebundenen Wirkstoffe und Terpene. Diese sind für die vielen unterschiedlichen Geschmacksrichtungen von Cannabis verantwortlich und machen den Dampf von Rosin zu einem unvergleichlichen Geschmackserlebnis.

Richtig gelesen: Dampf. Denn um das volle Aroma- und Wirkstoffspektrum des Rosin zu genießen, wird dieses Extrakt in der Regel nicht geraucht, sondern bei möglichst geringen Temperaturen verdampft. Neben den bereits genannten Vorteilen bietet die Verdampfung von Rosin klare gesundheitliche Vorteile gegenüber dem Rauchen. Für diesen speziellen Zweck gibt es natürlich Pfeifen und Vaporizer in den unterschiedlichsten Ausprägungen. Und die Absatzsteigerung eben jenes Produktsegments wäre eben die Motivation hinter dem Service mit der Rosin-Presse.

Wobei hier natürlich eine Win-win-Situation für beide Parteien entstünde, da dieser Service aus diversen Gründen auch für den Kunden interessant sein dürfte. Allem voran, weil eine gute Rosin-Presse, wenn man denn will, auch gerne mal mehrere tausend Euro kosten kann. Last but not least auch, weil Rosin aus bereits genannten Gründen eine wirkliche Delikatesse für alle Cannaseure darstellt.

Soviel zur Idee. Jetzt zur praktischen Umsetzung unter der neuen Gesetzgebung. Schnell mal das Schwarmintelligenz-Orakel der Cannabis Community nach ihrer Einschätzung befragt und die Idee in einer einschlägigen Dabbing Gruppe auf Facebook zur Diskussion gestellt. Reaktionen folgten prompt und einstimmig: “Nein, darf man nicht. Rosin bleibt illegal!”

Den im CanG steht ausdrücklich: Die Extraktion von Cannabinoiden aus der Cannabispflanze ist verboten. Das gilt nicht für die Extraktion von CBD[...] Aber ganz im typischen Stil der Ampel

, bleibt man im weiteren Text eine offizielle Definition schuldig, was man genau unter Extraktion zu verstehen hat. Zwischen den Zeilen und aus anderen Themenbereichen des Gesetzes ergeben sich aber durchaus klare Anhaltspunkte, wie der Gesetzgeber das Wort definiert wissen will. Zunächst wäre da die Ergänzung “Das gilt nicht für die Extraktion von CBD”

CBD ist, neben dem THC, ein weiterer wichtiger Wirkstoff der Hanfpflanze, ein so genanntes Cannabinoid. Medizinisch von großem Interesse lässt sich CBD jedoch nur durch eine Extraktion im exakten chemischen Wortsinn gewinnen. Man kann CBD schlichtweg nicht durch Pressen oder Absieben von der Pflanze, geschweige denn von den anderen Cannabinoiden isolieren. Um reines CBD aus der Cannabis Pflanze zu extrahieren und zu isolieren, ist immer eine klassische, chemische Extraktion unter Anwendung von Lösungsmitteln, auch Extraktionsmitteln erforderlich. Anders geht es nicht. Und deshalb steckt in dieser Ausnahme schon eine ziemlich deutliche Definition dessen, was der Gesetzgeber mit der Verwendung des Worts Extraktion zum Ausdruck bringen will.

Ein weiterer Hinweis ist, dass klassisches Haschisch im Cannabis Gesetz ebenfalls erlaubt ist. Aber was genau ist Haschisch eigentlich? Man könnte Haschisch durchaus als ein Extrakt bezeichnen, denn Hasch besteht bekanntlich aus dem reinen Harz der Pflanze. Der feine Unterschied liegt in der Herstellungsweise. Denn Hasch wird traditionell eben durch Siebung der getrockneten Blüten, oder je nach Region auch durch Reiben der frischen Blütenstände zwischen den Händen gewonnen. Das noch extrem klebrige Harz bleibt bei dieser Methode an den Händen kleben und wird anschließend abgekratzt.

So oder so ist Haschisch per Definition immer ein Produkt, welches mittels eines rein mechanischen Trennverfahrens hergestellt wird, welches rein chemisch nicht als Extraktion zu bezeichnen ist. Denn gemäß der Begriffsdefinition auf Wikipedia ist Extraktion “jedes Trennverfahren, bei dem mit Hilfe eines (festen, flüssigen oder gasförmigen) Extraktionsmittels eine oder mehrere Komponenten aus einem Stoffgemisch (aus festen, flüssigen oder gasförmigen Einzelstoffen bestehend), dem Extraktionsgut, herausgelöst wird.

Mit Hilfe eines Extraktionsmittels. Okay, aber vielleicht kann man auch eine mechanische Presse als ein Extraktionsmittel bezeichnen? Nein, kann man nicht! Wikipedia sagt dazu:

 “Als Extraktionsmittel (auch Auszugsmittel) werden in der Chemie Stoffe bezeichnet, mit denen aus einem Extraktionsgut eine Wertstoff-Komponente (Extrakt) selektiv herausgelöst wird (übrig bleibt der Extraktionsrückstand). Das Verfahren selbst wird als Extraktion bezeichnet und ist eine Methode zur Stofftrennung, Stoffgewinnung oder Stoffanreicherung”   
Ein Extraktionsmittel ist im chemischen Sinne demnach ganz klar ein Stoff. Eine mechanische Presse und selbst Hitze und Druck sind eben keine Stoffe und somit auch kein Extraktionsmittel im Sinne des CanG.

Erlaubt sind ab 01.04. “für Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis, bei Blüten, blütennahen Blättern oder sonstigem Pflanzenmaterial der Cannabispflanze bezogen auf das Gewicht nach dem Trocknen, zum Eigenkonsum”

Das Harz der Pflanze ist mindestens unter dem Begriff sonstiges Pflanzenmaterial abgedeckt und legal, weshalb auch Haschisch legal ist. So weit, so konsequent. Nun ist das Harz in den so genannten Trichomen gebunden. Ein Trichom sieht, vereinfacht gesagt, aus wie ein kleiner Golfball auf einem Pin. Der Ball ist mit THC-haltigem Harz gefüllt.  
Bei der Haschisch Herstellung siebt man diese kleinen Golfbälle, möglichst ohne die Pins von der Pflanze ab. Das Resultat einer möglichst feinen Siebung nennt man dann Drysift. Der Name ist Programm, denn Drysift ist ein ziem

lich trockenes und erst einmal kaum klebriges Pulver. Damit aus Drysift Haschisch wird, sind weitere Verarbeitungsschritte erforderlich, die je nach Tradition des Herkunftslandes recht unterschiedlich aussehen können.

Im Endeffekt läuft es aber immer darauf hinaus, dass die kleinen Golfbällchen mit mehr oder weniger viel Druck und Wärmezufuhr zum Platzen gebracht werden, damit sich klebrige Harz befreit wird und sich zu einer homogenen Masse bindet, welche möglichst keine Fremdstoffe oder Pflanzenteile mehr enthält. Die einzige verbleibende Verunreinigung im Endprodukt namens Haschisch sind die geplatzten Hüllen der Golfbälle und deren Pins, bestehend aus Kollagen und Pflanzenwachs.   

Möchte man eine noch reinere Essenz herstellen, kommt man um eine Extraktion im klassischen, chemischen Wortsinn, unter Verwendung von chemischen Lösungsmitteln nicht herum.

Es bleibt also festzuhalten: Haschisch entsteht durch mechanische “Extraktion” unter Anwendung von (manchmal etwas Wärme) und Druck, um die Golfbälle platzen zu lassen. Und wir erinnern uns, dass Haschisch in seiner Legaldefinition per Gesetz quasi ab sofort legal ist.  

Wir haben im Cannabis Gesetz somit zwei deutliche Hinweise darauf, was der Gesetzgeber unter einer verbotenen Extraktion versteht. Und in diese Kategorie lässt sich Rosin einfach nicht einordnen. Denn Rosin wird, anders als CBD und genau wie Haschisch durch mechanische Vorgänge, ohne chemische Hilfsstoffe gewonnen und enthält anders wie z.B. das, unter Verwendung von Butangas als Lösungsmittel gewonnene BHO, eben noch alle Bestandteile des Golfballs, will sagen des Trichoms. Diese Bestandteile des Rosin lassen sich ebenfalls nur unter Verwendung eines Lösungsmittels wie z.B. Alkohol und der so genannten Winterizing-Technik, aus dem Endprodukt herausfiltern.      

Da Rosin in seiner Qualität und Stärke jedoch eher mit einem lösungsmittelbasierten Extrakt, als mit klassischem Haschisch vergleichbar ist, hat der Gesetzgeber uns hier meiner Meinung nach, absichtlich versucht, durch eine schwammige Formulierung in die Irre zu führen.

Ich bin jedenfalls fest davon überzeugt, dass der Versuch einer gerichtlichen Klärung dieser Fragestellung nicht allzu lange auf sich warten lassen wird. Und ich wette einen Zehner drauf, dass ich mit meiner Einschätzung letztlich richtig liege und dass meine Rosin-Presse im Laden möglich sein wird.