Mit dem Ergebnis der aktuellen Bundestagswahl hat sich bekanntlich eine Konstellation für eine mögliche Regierungsmehrheit heraus kristallisiert, welche die Legalisierung von Cannabis, gefühlt in greifbare(re)  Nähe rücken lässt. Und mir platzt der Kragen...

Da werden plötzlich im Ticker von "Spezial-Sendungen" im TV wieder diese  `Mediziner´ zitiert, welche im Zuge der aufflackernden Legalisierungsdebatte abermals eindringlich vor der Verharmlosung von Cannabis warnen. Wer sind diese Mediziner und was wollen diese Menschen genau? Und vor allem, was haben sie gegen harmloseren Cannabis?

Cannabis ist vor allem deshalb gefährlich, weil es illegal ist. Das ist letztlich auch ein Grund, der zur Legalisierung von Medizinalhanfblüten geführt hat. Unter strengsten Auflagen produzieren hochspezialisierte Pharmaunternehmen ein pflanzliches Produkt, welches den höchsten medizinischen Standards - vor allem in Puncto Reinheit- zu entsprechen hat. Und warum der ganze Aufwand? Ganz einfach, weil man kranken Menschen keine mindere Schwarzmarktqualität verabreichen darf. Und eben jene gesundheitsschädigende Wirkung dieser minderen Schwarzmarktqualität wird dann als härtestes Argument gegen eine kontrollierende Legalisierung angeführt?!?  

Cannabis aus illegalen Quellen ist bekanntlich wegen unzähliger, möglicher und unerwünschter Beimengungen gefährlich. Wegen Rückständen von Düngern und Pestiziden und nicht zuletzt auch mangels Überwachung des Wirkstoffgehalts kann es potenziell gesundheitsschädlich sein. Deshalb ist es auch völlig ungeeignet zur Therapie von, mitunter schwer leidenden Patienten. Und deshalb sind strenge Vorschriften und Kontrollen sinnvolle Maßnahmen für den Verbraucherschutz.

Im Umkehrschluss kann man die Tatsache somit nicht negieren, dass kontrolliert erzeugtes Cannabis in seinen Risiken kalkulierbar(er) und bei entsprechenden Beschwerden eine potenziell wohltuende Substanz darstellen kann, welche die möglichen Nachteile und Risiken -erst dank dieser strengen Produktionsauflagen- überwiegen.

Ebenso wenig kann man glaubhaft behaupten, dass sich Patienten bei entsprechender Verordnung und Verfügbarkeit noch weiterhin auf dem Schwarzmarkt versorgen würden. Der Schwarzmarkt hat Dank der Verschreibungsfähigkeit von Cannabis letztlich bereits diese eine Käuferschicht komplett verloren.

Im medizinischen Bereich ist also bereits unbestreitbar bewiesen, dass eine Legalisierung von Cannabis exorbitante Vorteile für Nutzer und Gesellschaft mit sich bringt. Mit der Verschreibungsfähigkeit von Cannabis hat dies auch der Staat offiziell eingestanden. Warum also sollten diese Tatsachen fernab der medizinischen Anwendung keine Gültigkeit haben?


Niemand fordert die Legalisierung des Schwarzmarktes

Das mentale Konstrukt in welchem sich ewig gestrige, wie  jüngst erst wieder der Sprecher der Gewerkschaft der Polizei, Oliver Malchow in dem Bericht in der Bonner Rundschau, eine Legalisierung von Cannabis ausmalen, gleicht auffallend stark der seltsamen Idee einer Legalisierung des existierenden Schwarzmarktes. Wen wundert es da, dass der Herr Gewerkschaftssprecher sich bei seiner Vorstellung von einer Legalisierung, vorsichtig gesagt zurückhaltend äußert.

Angesichts einer, in dunklen Farben ausgemalten Aussicht darauf, dass die einst von der Polizei gejagten bösen Buben nach der verhassten Legalisierung, mit ihrem frisch erlangten legalen Händlerstatus in den Parks, Gassen und an den Schulhöfen stehen und den Beamten frech ins Gesicht grinsen, während sie den jugendlichen das todbringende Rauschgift verkaufen?!   

Dunkle Typen mit dicken Karren und bündelweise Scheinen in der Hosentasche dürfen plötzlich ganz legal ihr, mit künstlichen Cannabinoiden zum gewünschtem `Knallen´ verholfenen `Hase´ an jeder Ecke verticken und die, durch Fastfood und Bewegungsmangel ohnehin schon angeschlagene körperliche und geistige Gesundheit unserer Kinder, mit staatlichem Segen vollends ruinieren.


Und wenn doch mal einer nach dem Alter fragt, weicht man dann eben auf den, nach wie vor existierenden Schwarzmarkt aus.

Diese Vorstellung habe ich im Kopf wenn ich den Gedanken von Malchow, Thomasius und Co. zur Forderung einer legalen und staatlich kontrollierten Abgabe von Cannabisprodukten lausche. Und dann kann ich nicht anders als ihnen zuzustimmen:
Die real existierenden Zustände in Deutschland blindlinks zu legalisieren wäre tatsächlich ein großer Fehler! Aber zum Glück wird derartiges auch von niemandem gefordert.

Denn schon was die Qualitätsstandards betrifft wird jeder Konsument, dem medizinischen Bereich gleichgestellte Rahmenbedingungen verlangen. Niemand würde es akzeptieren wenn staatliche Anforderungen an die Qualität der legalen Cannabisprodukte für den `Freizeitgebrauch´ weniger streng als für Medizinalhanf wären. Denn die Ansprüche sind in beiden Fällen die gleichen: 1. Keine Beimengungen jeglicher Art, 2. Keine Rückstände von Pestiziden oder Düngemitteln und 3. Kein Schimmel- oder Schädlingsbefall.

Unbestreitbar erzeugen talentierte private Grower in Ländern welche die Rahmenbedingungen für den Eigenanbau bieten, oft noch eine weitaus bessere Qualität als manch ein, in Deutschland als Produzent zugelassenes Unternehmen es bisweilen schafft. Aber sobald es um die Abgabe an Endverbraucher geht, lautet die einstimmige Forderung: Staatlich kontrolliertes Cannabis für den `Freizeitgebrauch´, welches den Standards des medizinischen Sektors in nichts nachstehen darf.

Der zunehmend lauter werdende Ruf nach einer Legalisierung ist somit im Grunde eher die Forderung nach einer Ausweitung der medizinischen Legalisierung. Diese Formulierung ist schon deshalb gar nicht so weit hergeholt, zumal die beinahe täglich zunehmenden Erkenntnisse der Forschung rund um Cannabis und seine vielfältig nutzbaren Wirkstoffe, mittlerweile so gut wie jedem Nutzer eine medizinische Rechtfertigung des Konsums an die Hand geben.

Unter chronischen Schmerzen zu leiden ist furchtbar, keine Frage. Völlig zu Recht gestattet der Gesetzgeber daher die medizinische Verordnung von Cannabisblüten zur, mitunter tatsächlich einzig möglichen Linderung der Schmerzen. Die Wahl zwischen derartigen Schmerzen und einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit von der Therapie mit Cannabis eine schwere Psychose davon zu tragen welche dem Cannabiskonsum ja von besagten `Medizinern´ immer gerne unterstellt wird, ist weniger eine echte Wahl als vielmehr eine salomonische Entscheidung.

Sie wäre ein Zeugnis wirklich unvorstellbarer Schmerzen, würde sie trotzdem zugunsten der risikobehafteten Therapie getroffen. Tatsächlich besteht aus medizinischer Sicht jedoch ein durchaus vertretbares Verhältnis zwischen Risiko und Nutzen einer Cannabistherapie weshalb die Verschreibungsfähigkeit gesetzlich festgelegt wurde.



Mediziner lügen nicht      

Was steckt dahinter wenn nun die, medial viel zitierten `Mediziner´ angeführt von dem häufig als Mietmaul der Cannabisgegner beschimpften Prof. Dr. Rainer Thomasius, ständig in größter Sorge um die Gesundheit der Menschheit vor einer Legalisierung von Cannabis warnen? Labern die alle nur Scheiße, werden die alle von irgendeiner Lobby dafür bezahlt, sich gegen die Legalisierung auszusprechen? Wie können diese Menschen immer noch ernsthaft mit Argumenten, Thesen und Behauptungen um die Ecke  kommen, welche so ziemlich jeder klar denkende und mit der Thematik tiefergehend vertraute Mensch für, gefühlt seit Jahrhunderten widerlegt hält?

Die Antwort ist so einfach wie kompliziert: Diese Menschen haben sich ihre Meinung über eine Legalisierung, notwendiger Weise aus dem Ist-Zustand gebildet. Also aus eben genau jenem Zustand gegen welchen auch die Szene der Legalisierungsaktivisten seit Dekaden ankämpft.

Die Mediziner lügen nicht wenn sie die Gefahren von Cannabis, insbesondere für Jugendliche betonen. Denn jenes Cannabis, welches von eben jenen Menschen konsumiert wird, die später irgendwann zu Patienten dieser Mediziner werden, ist eben auch unverhältnismäßig viel gefährlicher und gesundheitsschädlicher als Medizinalhanfblüten aus staatlich kontrolliertem Anbau. Und auf derartige  Medi-Hanfblüten wiederum haben wohl die aller wenigsten, überwiegend jugendlichen Patienten von Prof. Dr. Thomasius jemals Zugriff gehabt.

So kann man die eigentliche Forderung in einem prägnanten und gleichermaßen als Symptom für eine ausbrechende Psychose zu wertenden Satz zusammenfassen:
Cannabis ist gefährlich - Legalisiert Cannabis! 

Wenn legaler Cannabis zur medizinischen Behandlung von Menschen taugt beweist dies, dass eine Legalisierung Cannabis (etwas) harmloser macht. Und Verharmlosung im Sinne von  `harmloser machen´ ist doch ein Anspruch, welchen sich Pro- und Kontra-Lager in gewisser Weise gleichermaßen auf die Fahnen schreiben. Bei der Frage nach dem richtigen Weg zu diesem Ziel waren die Verbotsbefürworter mit ihrer ach so wirkungsvollen 4-Säulen-Politik nun lange genug und dabei wenig erfolgreich am Drücker.


Wer gegen Drogen ist muss für die Legalisierung sein

Der aktuelle Zustand unter der vorherrschenden Gesetzeslage ist paradox. Wenn Herr Thomasius Recht hat und die Zahl der unter Folgeschäden des Cannabiskonsums leidenden Patienten in seiner Behandlung repräsentativ hoch ist, dann ist die aktuelle Drogenpolitik wohl gescheitert und es ist Zeit für eine Legalisierung.

Ist die Zahl der Patienten jedoch nicht repräsentativ für die Gesamtanzahl aller Konsumenten, dann wäre eine Legalisierung auch nicht weiter problematisch für die Volksgesundheit.
Wie man es dreht und wendet, negiert wird immer der Faktor Kontrolle. Wenn Herr Malchow von der Polizeigewerkschaft sagt, der Schwarzmarkt würde durch eine Legalisierung nicht verschwinden, dann mag er damit -abhängig wie gut oder schlecht diese politisch umgesetzt ist- wohl auch mehr oder weniger recht haben.
Aber wenn der Staat die Wahl hat zwischen gar keiner und einer geringstmöglichen Kontrolle, dann sollte klar sein wo die politische Verpflichtung hin geht. Gerade Menschen, welche eine negative Haltung in Bezug auf Drogen haben müssen eigentlich, so sie denn klaren Verstandes sind für eine Legalisierung und somit die Etablierung und Aufnahme wirkungsvoller staatlicher Kontrollmechanismen sein. Denn zweifelsohne kann nichts so schlimm sein wie gar keine Kontrolle!


Es gibt keinen Schwarzmarkt für Petersilie

Obwohl die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung den Geschmack von frischer Petersilie zu so manchem Gericht wohl als unverzichtbar ansieht, existiert meines Wissens kein nennenswerter Schwarzmarkt für das vielseitige Küchenkraut. Warum? Okay, sicherlich mag auch die wenig berauschende Eigenschaft von Petersilie ihren Beitrag zu einem weitestgehend auf legaler Ebene stattfindenden Kräuterhandel leisten, die geringe Gewinnspanne dieser Handelsware tut jedoch ihr Übriges.

Denn erst Illegalität und/oder hohe Steuerlasten machen Schwarzmärkte zu illegalen Rendite-Boostern. Entweder durch bloße Beschaffung und Vertrieb illegaler Handelsgüter oder durch die Hinterziehung von entsprechend auferlegten Steuern wird Wertvolles auf dem Schwarzmarkt noch wertvoller für die Anbieter. Das gilt für alle Waren und Dienstleistungen mit welchen man Kohle machen kann und auf die mindestens einer der beiden genannten Faktoren zutrifft.     

Die Sinnhaftigkeit einer politisch korrekt umgesetzten Legalisierung von Cannabis liegt also auch nicht in einer erhöhten oder erleichterten Verfügbarkeit von Cannabis, sondern vielmehr in einer deutlichen Profitreduzierung in der gesamten Wertschöpfungskette. Je preisgünstiger Cannabis für den Konsumenten zu haben sein würde, umso mehr könnte der Schwarzmarkt durch die Legalisierung ausgetrocknet werden. Ist der Preis jedoch zu hoch wird der illegale Handel vom legalen Markt unter Umständen sogar noch beflügelt. In dieser unserer kapitalistischen Welt sind Preise an das Angebot gekoppelt. Ist das Angebot groß, wird es günstiger. Ist etwas knapp ist es automatisch teurer.

Deshalb muss die Verfügbarkeit nicht mehr als ausreichend sein (hey Kiffer sind Kreativ wenn es um den Einkauf geht), aber die Preise müssen durch staatliche Einflussnahme gering gehalten werden und Profitinteressen dürfen nur sekundären Stellenwert haben. Ein kapitalistisch-gewinnorientiertes System als Grundlage einer Cannabis Legalisierung muss daher durch entsprechende politische Weichenstellung verhindert werden. Dann klappt’s auch mit der Legalisierung!

Und allen die bei der Legalisierungsfrage besonderes Augenmerk auf die Signalwirkung für Jugendliche legen sei nahegelegt, sich doch bitte bei der zukünftigen Bundesregierung für die Einführung einer Altersbeschränkung für den Verkauf von (langen) Zigarettenblättchen stark zu machen. OCB´s erst ab 18 Jahren, das wäre mal ein echtes Signal an die Jugend!